Mehr als 1000 Jahre

Erste schriftliche Zeugnisse über Bindernheim stammen aus dem 7. und 8. Jahrhundert n. Chr.  Echte und gefälschte Urkunden lassen einen lang andauernden Streit zwischen dem Bischof von Straßburg und dem Abt des Klosters Ebersmünster erkennen. Der Name des Ortes geht wohl auf die vielen hier auftretenden Quellen (Burnen) zurück: aus Burnen (Bronn) wäre dann Burnenheim, Birnheim, Binrenheim, Bindern und schließlich Bindernheim geworden.  (Das Gemeindewappen suggeriert eine völlig andere Herleitung.)

Es gibt Hinweise aus späterer Zeit, dass der Hl. Ulrich von Zell (um 1029 - 1093) Bindernheim auf einer seiner Reisen aufgesucht habe: auf jeden Fall ist er heute Patron der Pfarrkirche. In der Reformationszeit bleiben die Dorfbewohner – anders als in vielen Nachbargemeinden – beim  angestammten  katholischen Bekenntnis. Das bewahrt die Kirche nicht vor der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg. Nur der alte Taufbrunnen übersteht die Katastrophe von 1632.

 

Ausschnitt aus der Karte "L'Alsace, divisée en ses principales parties" von Nicolas Sanson (1689): in der Mitte erkennt man das Dorf "Bindern".

 

Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 wird das Elsass französisch. Ludwig XIV. lässt Franzosen, Schweizer und Deutsche zur Wiederbesiedlung der zerstörten Dörfer anwerben. So erklären sich viele hiesige Familiennamen. Man spricht weiter den eigenen Dialekt, auch die Gemeindedokumente werden noch in deutscher Sprache verfasst. (Mehr Informationen zur sprachgeschichtlichen Entwicklung - die Seite existiert zur Zeit nur auf französisch.) Und man bleibt fromm: als während der Französischen Revolution die Gottesdienste in der Kirche verboten sind, lässt man die Kinder zu Hause taufen.

Das 19. Jahrhundert bringt dem Elsass zwei  einschneidende Veränderungen: die beginnende Industrialisierung und die Eingliederung ins deutsche Reichsgebiet. 1838 wird die Bahnlinie von Straßburg nach Basel gebaut, 1839 erreicht der Rhein-Rhone-Kanal den Straßburger Hafen. Er hat allerdings zwischen Mulhouse und Straßburg nur bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts wirtschaftliche Bedeutung. Heute entdeckt man ihn als mögliche touristische Attraktion: an ihm entlang verläuft ein asphaltierter Radweg von Strasbourg nach Artzenheim im Süden (mehr Informationen).

Mit dem Anschluss an Deutschland 1871 arrangieren sich die Elsässer zunächst; die Dorfchronik verweist auf die Anerkennung für den deutschen Organisationsgeist ("l'esprit d'organisation"). Jetzt wird die allgemeine Schulpflicht (mit Deutsch als Pflichtsprache) eingeführt und ein regulärer Postdienst eingerichtet. Im Jahre 1900 existieren ein Strom-, ein Telefon- und ein Telegraphienetz, 1909 verbindet eine – heute fast verschwundene - Bahnlinie Sundhouse und Sélestat – die Bahnstation der Bindernheimer liegt im drei Kilometer entfernten Wittisheim.

Im Ersten Weltkrieg fallen 16 Männer aus dem Dorf in der Uniform des deutschen Kaisers, zahlreiche Zivilisten werden durch eine Epidemie dahingerafft. Nach dem Einzug der französischen Truppen gehört das Elsass wieder zu Frankreich, die Amtssprache wird wieder das Französische. Aber es herrscht nicht lange Frieden. Deutschland überfällt 1939 Polen, das mit Polen verbündete Frankreich befindet sich im Kriegszustand mit Deutschland und ordnet die Evakuierung Straßburgs und aller Dörfer in der Nähe der deutschen Grenze an. 500 Bindernheimer werden in Viehwaggons nach Rouffignac im südwestfranzösischen Departement Dordogne ausgesiedelt. Nach dem deutschen Einmarsch in Frankreich und dem Waffenstillstand im Juni 1940 kommen sie in ein menschenleeres Dorf unter deutscher Herrschaft zurück. Einige sind in Rouffignac geblieben und entgehen so den Zwangsrekrutierungen zur Reichswehr. Bindernheimer sterben im Zweiten Weltkrieg für Deutschland und für Frankreich ...

Der Einmarsch der  französischen und amerikanischen Truppen am 1. Februar 1945 bringt für Bindernheim das Kriegsende. Die Hälfte der Gebäude sind durch Bombardements zerstört. Wieder heißt es von vorn anfangen, jetzt wieder unter der französischen Fahne. In den fünfziger Jahren wird eine neue Verkehrsstraße gebaut: die Rue de la Dordogne. Und auch das Haus, das wir heute bewohnen, entsteht als landwirtschaftliches Gebäude der Familie Schwein. Nach dem Tod der Auguste Schwein verkaufen die Erben das Anwesen an verschiedene neue Eigentümer.